Mehrere Tage nach dem Durchzug von Hurrikan «Melissa» auf Jamaika treten in dem besonders stark betroffenen Inselstaat die gewaltigen Schäden immer deutlicher zutage. «Die Lage vor Ort ist apokalyptisch», teilte Brian Bogart, Direktor des Welternährungsprogramms (WFP) in der Karibik, nach einem Besuch in der besonders betroffenen Küstenstadt Black River im Südwesten der Insel mit. «Es sieht aus, als wäre in dieser Gemeinde eine Bombe explodiert, die Menschen schlafen auf der Straße, es herrscht totale Zerstörung.» Bilder aus der Region zeigen zerstörte und überschwemmte Küstengemeinden. Wo einst bunte Häuser standen, bedecken nun Trümmerhaufen den schlammigen Boden. Es werde Jahre dauern, bis sich die Menschen von den Verlusten erholt hätten, sagte Necephor Mghendi von der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) in Genf. «Es herrscht weit verbreitete psychische Not». «Melissa» hat in den vergangenen Tagen in der Karibik eine Schneise der Verwüstung und mindestens 50 Tote hinterlassen. Das US-Hurrikanzentrum sprach von einem der stärksten Hurrikane, die je im Atlantik aufgetreten sind. Im Inselstaat Jamaika, über den der Hurrikan am Dienstag mit der stärksten Stufe 5 gefegt war, kamen mindestens 19 Menschen ums Leben. In Haiti kam es durch anhaltenden Regen zu Überschwemmungen und Erdrutschen, obwohl der Sturm dort nicht direkt auf Land traf. Nach vorläufigen Behördenangaben starben mindestens 30 Menschen, weitere werden noch vermisst. Auf Kuba und den Bahamas blieb es nach bisherigen Erkenntnissen bei Sachschäden. Inzwischen hat sich «Melissa» zu einem Hurrikan der Stufe 1 von 5 abgeschwächt und soll nach Angaben des US-Hurrikanzentrums NHC im Laufe des Tages weiter an Kraft verlieren. Auf der im Atlantik gelegenen Inselkette Bermuda, an der der Sturm in der Nacht zum Freitag vorbeigezogen war, sorgte der Sturm örtlichen Medien zufolge für Stromausfälle in mehr als 19.000 Haushalten. Abgesehen davon und von einigen umgeknickten Bäumen und Laternen sei das britische Überseegebiet aber glimpflich davongekommen. Die Opferzahlen könnten auf Jamaika in den kommenden Stunden und Tagen noch deutlich steigen. Noch immer sind vielerorts Gemeinden von der Außenwelt abgeschnitten. Nach einem Bericht der Zeitung «The Gleaner» steckten am Donnerstag Dutzende Autofahrer und Rettungskräfte auf der Holland Bamboo Avenue im Bezirk St. Elizabeth fest. Umgestürzte Bambusrohre hätten den auch bei Touristen beliebten rund vier Kilometer langen natürlichen Tunnel aus Bambuspflanzen versperrt. Über mehr als 24 Stunden sei kein Durchkommen möglich gewesen. «Das hier ist Holland Bamboo. Es gibt keine Geschäfte, keine Restaurants, niemand fährt herum und versorgt dich mit Essen. Also trinken wir Kokoswasser», zitierte die Zeitung eine Frau, die den Sturm an ihrem Arbeitsort in der Stadt Junction ausgesessen hatte und auf dem Rückweg zu ihrer Familie war. Es gebe keinen Handyempfang. Sie wisse nicht, ob ihr Haus den Hurrikan überstanden habe und ob ihre Kinder in Sicherheit seien. «Ich bin verwirrt und besorgt. Ich möchte nach Hause», sagte die Frau dem Bericht zufolge. Nach ersten Schätzungen des privaten US-Wetterdienstes AccuWeather, der auch die Auswirkungen von Unwettern beurteilt, könnten sich der Gesamtschaden und die wirtschaftlichen Verluste durch den Sturm auf 48 bis 52 Milliarden US-Dollar (etwa 41 bis 45 Milliarden Euro) belaufen.Mindestens 50 Tote
Sturm verliert an Kraft
Blockierte Straßen bremsen Rettungsarbeiten aus
Milliardenschäden erwartet
Bildnachweis: © Matias Delacroix/AP/dpa
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Jamaika nach Hurrikan «Melissa»: «Apokalyptische» Zustände
Jamaika kämpft mit den Folgen des schweren Sturms. Überall liegen Trümmer, Menschen schlafen auf der Straße, viele Gemeinden sind noch isoliert. Die Opferzahlen könnten am Wochenende weiter steigen.
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